Ein Stück in 4 Akten von Claus Gribbohm



Beim surfen bin ich auf einige Einträge gestoßen, die sich mit der „Kopfkrankheit“ bei den T300 Modellen beschäftigen. Da ich selbst gebranntes Kind in dieser Hinsicht bin, dachte ich, ich sollte meine Erfahrungen allen zugänglich machen. Meine „Geschichte“ ist nicht ganz neu, sie bezieht sich auf die Jahre 1998 und 1999, trotzdem ist sie noch aktuell. Da es immer noch Mopeds gibt, bei denen dieses Phänomen auftritt.

Prolog

Am Anfang war das Dunkel, doch dann sprachs und es wurde licht. Nachdem ich mich an die Helligkeit der Erscheinung gewöhnt hatte, stand oder besser lag sie vor mir, als Photo in einer einschlägigen Fachzeitschrift: die Triumph Speed Triple.
Schon länger war ich auf der Suche nach einem Motorrad, das meinen Vorstellungen entsprach. Diese Vorstellungen waren gewachsen durch zahlreiche Selbstversuche mit ebenso zahlreichen Motorrädern. Nach meiner Meinung sollte ein Motorrad so zuverlässig wie eine GSX 1100 E sein, es sollte wertstabil sein wie z. B. eine Moto Guzzi Le Mans III und so groß und exotisch wie eine Laverda 1000 Jota. Ich habe auch andere Erfahrungen mit anderen Motorrädern gesammelt, aber dies ist die Quintessence der positiven Erfahrungen, die sich in meiner „neuen“ vereinigen sollten. Das Problem, das sich mir einzig in den Weg stellte war, der ziemlich üppige Kaufpreis und die von mir gewünschte Wertstabilität. So blieb mir jahrelang lediglich, mich mit Fahrberichten und darauf folgenden „Fachgesprächen“ zu begnügen
( gegrüßt sei hier besonders Markus S. ).

1. Akt :
Unvermeidliches nimmt seinen Lauf

Ich hatte in meiner Umgebung schon jeden vollgesülzt, so daß Benzingespräche schnell einseitig wurden, weil es für mich keine Alternative gab, über die es sich zu diskutieren lohnte.
Irgendwann kam dann ein Freund zu mir und sagte: „Du, ich hab da so‘n Ding gesehen, ist auch gar nicht so teuer.“ Zack, das war‘s. Jetzt wißt ihr sicher alle was passiert ist! Ich bin zu dem Händler nach Bremen gefahren und hab mir das Teil angeguckt. Der Preis war zu dem Zeitpunkt tatsächlich weit unter dem, was sonst für eine Speed Triple aufgerufen wurde, sie ist sogar in einer der beiden einzig für Motorräder akzeptablen Farben ( mattschwarz und schwarz glänzend ) lackiert. Das einzige, was fehlt ist die Sitzbankabdeckung für den Sozius, aber dafür hat sie einen Bugspoiler.
Also, ihr könnt euch vorstellen wie ich mit Schaum vorm Mund und klingenden Ohren um die Kiste rumschlich. Auf die Frage, die mir tatsächlich noch einfiel, warum denn dies Motorrad so relativ günstig sei, sprach der Verkäufer von kleinem Unfall, aber alles wieder in Ordnung, etc.; deswegen auch der eine oder andere Kratzer, der mir jetzt auch auffiel. ( Der Unfallschaden ist auch wirklich nie das Problem gewesen )

2. Akt :
Vermeidliches wird unvermeidlich

Nach zähen zweiminütigen Verhandlungen, die durch meine Angst begleitet wurden, es könnte jeden Augenblick jemand in den Laden kommen und mir „mein“ Moped wegschnappen, konnte ich den Kaufpreis um ganze 200 DM drücken.
Als das Teil dann endlich angemeldet war und ich die ersten Runden drehen konnte, bestätigten sich alle meine guten Vorahnungen. Der Motor ist schon ziemlich kräftig und das Fahrwerk ist das beste, was ich bis jetzt gefahren bin. Bisher hatte ich keine Situation, bei der ich Schwächen des Fahrwerks bemerkt hätte. Die Bremsen ( serienmäßig mit Stahlflexleitungen ) sind zwar aus Japan, wie auch so manches andere Anbauteil, aber das muß nicht negativ sein. Es sei nur darauf hingewiesen, daß schon in den 70‘er und 80‘er Jahren Hersteller wie, Ducati oder Laverda z.B. Instrumente oder Zündspulen aus Japan verbaut haben; Showa - Gabeln finden sich in Harleymodellen usw.
Als ich dann glücklich und zufrieden mit mir und der Welt einen bekannten Schrauber in Oldenburg besuchte, um meine neue Eroberung vorzuführen, erzählte dieser mir von Problemen mit dem Zylinderkopf, bei den ersten Modellen, wie meine eine ist.
Es begann zu dämmern in den halizunogenen Höhenflügen, in denen ich mich immer noch befand. Außerdem fiel mir ein, daß der Verkäufer gesagt hatte : „Außerdem haben wir auch den Zylinderkopf überholt, die Kiste ist also wie neu!“

In den nächsten Wochen sammelte ich Informationen zu diesem Sachverhalt und es stellte sich heraus, daß es einzelne Fahrzeuge gegeben hat, bei denen Ventile und Sitzringen nicht zueinander paßten, was dazu führte, daß sich die Ventile durch die Sitzringe „durchzogen“. ( Das hat zur Folge, daß nach geringer Fahrleistung kein Ventilspiel vorhanden ist; darauf folgt, daß die Ventile die Wärme nicht mehr ableiten können und überhitzen, bzw. durchbrennen. Begleiterscheinungen sind neben dem Verlust von Kompression und damit der Leistung, z.B. Startschwierigkeiten. Im Extremfall reißt ein Ventil ab und verursacht einen großen Haufen Altmetall. )
Ihr könnt euch vorstellen, daß mich diese Infos auf den Boden der Tatsachen zurückholten. Ich hielt mich aber mit der Annahme über Wasser, daß mir sowas nicht passiert.
Ich hätte es besser wissen müssen, denn: Murphy ist überall. Außerdem war ich durch meine Jota ein gebranntes Kind. Die Beziehung zu meiner Laverda konnte nur durch einen Verkauf gerettet werden. ( Bei ihrem „Neuen“ fühlt sich die alte Signorina offensichtlich auch um Längen wohler, aber das ist eine andere sehr lange, von Tränen, Flüchen und Alkoholexzessen begleitete Geschichte. )
Zum Glück war 1998 ein reines Autofahrjahr, so daß ich nicht allzuviel gefahren bin.


3. Akt :
Schatten und Licht

Nach der Winterpause bin ich 1999 noch einige Touren gefahren. Ende Mai habe ich meine Laverdagestählten Nerven zusammengenommen und das Ventilspiel kontrolliert. Meine Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. Ich war 5000 Kilometer gefahren und bei 4 von 6 Einlaßventilen fand sich kein Spiel vor. Was schon sehr ungewöhlich ist, da normalerweise die Auslaßventile nachstellbedürftig sind, da diese größerer Hitze ausgesezt sind (Einlaßventile werden durch das Sprit-Luftgemisch gekühlt ).
Insgeheim hatte ich noch die naive Hoffnung, das sei alles halb so schlimm und die Ventile hatten sich nach der Überholung des Kopfes einfach nur noch gesetzt und jetzt nach dem Einstellen sei das alles schon in Ordnung Nachdem ich die Ventile eingestellt hatte, habe ich mich trotzdem an den Schreibtisch gesetzt und die erste Kontaktaufnahme mit Triumph Deutschland verfaßt.
Nach 2 ½ Wochen kam dann Antwort von Triumph. Dies war der Beginn einer langen “Brieffreundschaft”. Meine Briefe wurden immer länger, die von Triumph immer kürzer, aber immer gleich nichtssagend. Mir ist mittlerweile klar, daß es für mich keine rechtliche Position gibt, um eine Schadensregulierend mit Triumph Deutschland zu erreichen. Allerdings hatte ich gedacht, daß ein Qualitätsorientiertes Unternehmen, wie Triumph, so eine Fehlkonstruktion nicht auf sich sitzen läßt. Da hab ich mich wohl getäuscht.
Da ich mich nicht allein auf eine immer frustrierendere Korrespondenz mit Triumph verlassen wollte, ich aber auch keine Lust hatte die anstehende Reparatur zu bezahlen, bin ich natürlich auch zu dem Händler gefahren, bei dem ich das “Schuttstück” erworben hatte.
Wider Erwarten verlief dieser Besuch keineswegs so nervig, wie meine bisherigen Kontakte mit Triumph Deutschland. An dieser Stelle soll der kulante Honda - Händler aus Lilienthal beim Namen genannt werden. - Nämlich Honda Wellbrock!
Wir sind sehr schnell übereingekommen, daß, wenn sich der Verdacht, denn mehr war es bisher nicht, bestätigt, wir uns noch mal zusammensetzen und eine Lösung finden, die für beide Seiten befriedigend ist. Das war zwar noch nicht viel, aber immerhin mehr, als ich nach meinen bisherigen Erfahrungen erwartet hatte.
Da sich die Ventile noch einstellen ließen ( das geht nur bis zu einem bestimmten Maß, da die Chimps nicht beliebig dünn sein können ), habe ich beschlossen auf jeden Fall noch eine Tour in den Alpen zu machen. Allerdings gestaltete sich das Unternehmen als etwas schwierig, da wir zu dritt ( meine Freundin und Kind ) auch nach Italien wollten. So haben wir dann beschlossen das Moped auf den Hänger zu schnallen und nicht auf zwei, sondern auf sechs Rädern runterzufahren. Die Tour in den Alpen wurde dann zeitlich sehr kurz, nämlich drei Tage, aber in diesen drei Tagen sind wir gute 1000 Kilometer gefahren. Wir hatten unser Quartier in Salzburg aufgeschlagen und sind dann kreuz und quer durch die Gegend gefahren, mit dem Motto : der Weg ist das Ziel. Diese drei Tage haben die Einstellung zu meiner Triumph wieder an den rechten Fleck gerückt. Wohlgemerkt sind wir die meiste Zeit zu zweit gefahren, also mit Sozia. Allerdings hatte ich diesen Umstand recht schnell verdrängt ( natürlich nicht vergessen ), da es fast keinen Unterschied macht, ob man allein oder zu zweit fährt. Nur die Rippenprellungen, die mir zugefügt wurden, als tatsächlich, was ich für unmöglich hielt, die rechte Fußraste in einer schnellen engen Kurve aufsetzte, waren die einzigen negativen Erfahrungen die ich auf dieser Tour gemacht habe. ( Mittlerweile habe ich rausgekriegt, daß die Fußrasten wirklich nicht zum aufsetzen zu bewegen sind, das was da gekratzt hat war der Bugspoiler.)

4. Akt :
Ende gut, alles gut und teuer

Als ich etwa 2000 Kilometer gefahren war, habe ich erneut den Ventildeckel abgeschraubt. Das Ventilspiel war noch nicht gänzlich verschwunden, es hatte sich aber extrem verringert. Darauf habe ich Kontakt mit Wellbrock aufgenommen und dann sehr schnell vereinbart, daß wir uns die anfallenden Kosten teilen. D.h. ich baue den Zylinderkopf aus und Wellbrock schickt ihn ein. Nach der Reparatur baue ich den Kopf wieder auf und wir teilen und die anfallenden Kosten, ohne meine Arbeit. Das halte ich für eine faire Lösung, zumal Wellbrock, genau wie Triumph zu nichts verpflichtet wäre.
(Übrigens habe ich beim Zusammenbau gleich eine neue Steuerkette eingezogen, da diese scheinbar ganz gerne mal reißen, so bei einer Laufleistung von 50 tsd. Km. Außerdem hab ich dann natürlich auch die normale Spannschiene gegen die verstärkte Version getauscht, da die original verbaute dazu neigt sich hin und wieder zu zerlegen.)
Ich hoffe, damit ist die leidige Geschichte aus der Welt und ich kann in Zukunft ohne schlaflose Nächte die Ventile an meinem Moped einstellen, so wie das bei allen anderen, ob nun Japaner, BMW, Ducati oder Ural, auch funktioniert.


Epilog

Mein Ziel, bei dem Kauf einer Triumph Speed Triple war, ein hochwertiges Moped zu erstehen, bei dem das “ewige Geschraube” ein Ende hat. Ohne Frage ist eine Triumph ein hochwertiges Moped, aber das schützt nicht vor Überraschungen, wie man oben lesen kann. Wenn mir all dies nicht widerfahren wäre oder von Triumph die kleinste Bereitschaft zu erkennen gewesen wäre, für IHRE Fehlkonstruktion gerade zu stehen, wäre ich der zufriedenste Triumphfahrtor, den man sich vorstellen kann. Aber so ist die Freude doch getrübt. Vielleicht war mein Fehler einfach, ein Motorrad aus der ersten Serie zu kaufen, das nicht vollständig von Triumphwerkstätten scheckheftgepflegt war. Es läßt sich bei vielen Marken beobachten, daß die jeweils ersten Serien noch diverse Kinderkrankheiten haben und die Kunden als Testfahrer benutzt werden.
Zum Thema Rückrufaktion stellt sich die Frage, warum es bei diesem Fehler keinen Rückruf gegeben hat. Angeblich, so habe ich gehört, ist Triumph nicht in der Lage genau zu sagen, welche Zylinderköpfe und damit welche Fahrzeuge betroffen sind. Das halte ich allerdings in Zeiten standardisierter Qualitätsmanagementsysteme für eine Ausrede. Dazu muß ich sagen, daß sich Triumph zu so einer konkreten Aussage bisher nicht hat hinreißen lassen und ich dies nur über Beziehungen und um drei Ecken gehört habe.
Ansonsten muß ich mich wohl damit abfinden:
Einmal geschraubt - immer geschraubt !!!

Mittlerweile sind einige Monate ins Land gegangen, und die “Beziehung” zu meiner Triumph hat sich normalisiert. Es hat in der Zwischenzeit keinerlei Probleme gegeben und ich bin eigentlich sehr zufrieden. Inzwischen denke ich zwar, der Stoßdämpfer für die Schwinge könnte etwas besser funktionieren, aber alles in allem bin ich froh dieses Motorrad zu fahren. Im Jahr 2000 sind wir wieder einige Tausend Kilometer gefahren, unter anderem wieder in den Alpen, in Luxemburg, nach Ameland und in Holland .... .
Die Aufregung über die Ventilgeschichte hat sich ziemlich gelegt, aber vergessen ist sie natürlich nicht.
Ich habe inzwischen von einigen weiteren Fällen gehört, die ähnliche Symptome mit ihren Triumphs hatten. Ich scheine also kein Einzelfall gewesen zu sein. Falls Interesse besteht, stehe ich für weitere Infos gerne zur Verfügung.

Claus Gribbohm

E-mail: fliegenkiller@web.de